Was sind invasive Neobiota?

Neobiota sind Lebewesen, die natürlicherweise nicht in einem definierten Gebiet vorkommen und erst durch den Einfluss des Menschen dort hingelangt sind. Sie werden deshalb auch als nicht heimische oder gebietsfremde Arten bezeichnet. Neobiota können Tiere (Neozoen), Pflanzen (Neophyten) aber auch Mikroorganismen wie Pilze oder Bakterien sein. Manche dieser gebietsfremden Arten können unerwünschte Auswirkungen auf heimische Arten, den Lebensraum oder die Nutzung des Ökosystems haben. In diesem Fall werden sie invasiv genannt.

Schon seit es Tiere und Pflanzen auf der Erde gibt, haben sie sich von einem Gebiet in ein anderes ausgebreitet: durch Wanderungen oder passiven Transport z.B. mit dem Wasser oder Wind. Wenn sie im neuen Lebensraum günstige Bedingungen vorfanden, konnten sie sich dort fortpflanzen und neue Populationen aufbauen. Europa zum Beispiel wurde nach jeder Eiszeit teilweise neu bzw. wieder besiedelt.

Wussten Sie schon,...

dass das Edelweiß ursprünglich aus der zentralasiatischen Steppe stammt und erst seit ca. 10.000 Jahren (Ende der letzten Eiszeit) in den Alpen heimisch ist?

Leontopodium alpinum

Leontopodium alpinum © S. Worischka

Der Mensch hat solche Wanderungen stark beschleunigt, indem Tiere und Pflanzen beabsichtigt als Zier- oder Nutzarten oder unbeabsichtigt z. B. mit Schiffen oder als Samen verschleppt wurden. Viele Arten gelangten so von ihrem Ursprungsgebiet bis in weit entfernte Kontinente.

Quiz #1

Wo kommen diese in Mitteleuropa gebietsfremden Arten her?

Alopochen aegyptiaca

Nilgans

(Alopochen aegyptiacus)

Nordafrika

Neogobius melanostomus

Schwarzmund­grundel

(Neogobius melanostomus)

Einzugsgebiet des Schwarzen und Kaspischen Meeres

Dikerogammarus villosus

Großer Höckerflohkrebs

(Dikerogammarus villosus)

Schwarzes Meer/ Kaspisches Meer

Ondatra zibethicus

Bisamratte

(Ondatra zibethicus)

Nordamerika

Aix galericulata

Mandarinente

(Aix galericulata)

Ostasien

Ameiurus melas

Zwergwels

(Ameiurus melas)

Nord- und Südamerika

Körbchenmuschel

(Corbicula fluminea)

Asien

Procyon lotor

Waschbär

(Procyon lotor)

Nordamerika

Impatiens glandulifera

Drüsiges Springkraut

(Impatiens glandulifera)

Asien / westliches Himalaya

Tier- und Pflanzenarten, die in der Antike eingeführt worden sind, werden als Archäobiota bezeichnet. Tier- und Pflanzenarten, die in neuerer Zeit eingeführt wurden, werden als Neobiota bezeichnet. Wann genau die „neuere Zeit“ beginnt, ist Definitionssache: In der Bundesrepublik Deutschland ist z. B. offiziell das Jahr 1492 als Grenze festgelegt.

Quiz #2

Welche von diesen Arten sind in Mitteleuropa Neobiota, welche Archaeobiota?

Kamberkrebs (Faxonius limosus)

Heimische Art

Falsch

Archaeobiota

Falsch

Neobiota

Richtig

Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss)

Oncorhynchus mykiss

Heimische Art

Falsch

Archaeobiota

Falsch

Neobiota

Richtig

Dreikantmuschel/Zebramuschel (Dreissena polymorpha)

Heimische Art

Falsch

Archaeobiota

Falsch

Neobiota

Richtig

Drüsiges Springkraut (Impatiens glandulifera)

Impatiens glandulifera

Heimische Art

Falsch

Archaeobiota

Falsch

Neobiota

Richtig

Weinrebe (Vitis vinifera)

Heimische Art

Falsch

Archaeobiota

Richtig

Neobiota

Falsch

Klatschmohn (Papaver rhoeas)

Heimische Art

Falsch

Archaeobiota

Richtig

Neobiota

Falsch

Kartoffel (Solanum tuberosum)

potato

Heimische Art

Falsch

Archaeobiota

Falsch

Neobiota

Richtig

Tomate (Solanum lycopersicum)

Heimische Art

Falsch

Archaeobiota

Falsch

Neobiota

Richtig

Weizen (Triticum sp.)

Triticum sp

Heimische Art

Falsch

Archaeobiota

Richtig

Neobiota

Falsch

Schwarzmundgrundel (Neogobius melanostomus)

Heimische Art

Falsch

Archaeobiota

Falsch

Neobiota

Richtig

Sonnenbarsch (Lepomis gibbosus)

Lepomis gibbosus

Heimische Art

Falsch

Archaeobiota

Falsch

Neobiota

Richtig

Chinesische Wollhandkrabbe (Eriocheir sinensis)

Eriocheir sinensis

Heimische Art

Falsch

Archaeobiota

Falsch

Neobiota

Richtig

Groppe/ Mühlkoppe (Cottus gobio)

Heimische Art

Richtig

Archaeobiota

Falsch

Neobiota

Falsch

Bachforelle (Salmo trutta fario)

Salmo trutta fario

Heimische Art

Richtig

Archaeobiota

Falsch

Neobiota

Falsch

Steinkrebs (Austropotamobius torrentium)

Austropotamobius torrentium

Heimische Art

Richtig

Archaeobiota

Falsch

Neobiota

Falsch

Karpfen  (Cyprinus carpio)

Cyprinus carpio

Heimische Art

Falsch

Archaeobiota

Richtig

Neobiota

Falsch

Weinbergschnecke (Helix pomatia)

Helix pomatia

Heimische Art

Falsch

Archaeobiota

Richtig

Neobiota

Falsch

Großes Springkraut (Impatiens noli-tangere)

Impatiens noli-tangere

Heimische Art

Richtig

Archaeobiota

Falsch

Neobiota

Falsch

Kaninchen (Oryctolagus cuniculus)

Oryctolagus cuniculus

Heimische Art

Falsch

Archaeobiota

Richtig

Neobiota

Falsch

Teichmolch (Triturus vulgaris)

Triturus vulgaris

Heimische Art

Richtig

Archaeobiota

Falsch

Neobiota

Falsch

Sehr gut, Sie haben mehr als zwei Drittel der Fragen richtig beantwortet.

Ganz gut, Sie haben mehr als ein Drittel der Fragen richtig beantwortet. Probieren Sie es doch gleich noch mal.

Das geht bestimmt besser. Sie haben weniger als ein Drittel der fragen richtig beantwortet. Versuchen Sie es doch gleich nochmal!

Frage x / y

Einige Neobiota fallen gar nicht weiter auf, sie gehören zur Fauna und Flora, ohne Schaden anzurichten. Beispiele sind die Süßwassermeduse (Craspedacusta sowebyii), die Mauereidechse (Podarcis muralis – in Sachsen und Teilen der Tschechischen Republik? eingeführt), oder die Kartoffel (Solanum tuberosum).

Viele andere Neobiota aber breiten sich massiv aus, können heimische Arten verdrängen, neue Krankheiten übertragen, ganze Ökosysteme verändern und sogar wirtschaftliche Schäden verursachen. Solche Arten nennt man invasive Neobiota. Die meisten von ihnen sind erst in jüngster Zeit im Zuge der Industrialisierung und Globalisierung in neue Regionen, Fluss-Einzugsgebiete oder Kontinente gelangt. Der Prozess des Transports und der Etablierung invasiver Arten wird auch als biologische Invasion bezeichnet.

Beispiele invasiver Arten in Deutschland / der Tschechischen Republik

Neogobius melanostomus

Schwarzmundgrundel, (Neogobius melanostomus) © S. Worischka

Alopochen aegyptiaca

Nilgans (Alopochen aegyptiacus) © S. Worischka

Faxonius limosus habitus

Amerikanischer Kamberkrebs (Faxonius limosus) © P. Kozak

fallopia japonica

Japanischer Staudenknöterich (Fallopia japonica) © S. Worischka

Impatiens glandulifera

Drüsiges Springkraut (Impatiens glandulifera) © S. Worischka

Neobiota in europäischen Flüssen

Die Flüsse Europas werden vom Menschen vielfältig und intensiv genutzt. Der Bau von Kanälen zwischen Fluss-Einzugsgebieten, internationale Schifffahrt und der globale Handel fördern die Einschleppung invasiver aquatischer Tierarten, darunter Fische, Muscheln und Kleinkrebse aus dem Schwarzmeerraum, aber auch amerikanische Flusskrebsarten.

Die Transportwege sind vielfältig:

  • als „blinde Passagiere“ in oder an Schiffen und Booten (Ballastwasser, Bewuchs an Schiffsrümpfen und Schrauben),
  • als Angelköder,
  • in die „Freiheit“ entlassene exotische Aquarienbewohner,
  • absichtlicher Besatz von Gewässern (Erwartung von wirtschaftlichem „Nutzen“)
  • Verschleppung von Eiern, die an Wasservögeln anhaften
  • Aktive Wanderung stromaufwärts, Verdriftung stromabwärts
  • Aktive Wanderung über Land

Quiz #3

Über welche Transportwege wurden diese Arten (wahrscheinlich) eingeführt?

Kamberkrebs (Faxonius limosus)

„blinder Passagier“: im Ballastwasser von Schiffen

Trifft zu

Falsch! Richtig ist: bewusst eingeführt/ verbreitet um Populationsrückgang von Edelkrebs zu kompensieren

Trifft nicht zu

Die Antwort ist richtig!

Dreikantmuschel/Zebramuschel
(Dreissena polymorpha)

„blinder Passagier“: im Ballastwasser von Schiffen/ angehaftet an Schiffsrümpfe

Trifft zu

Diese Antwort ist richtig!

Trifft nicht zu

Die Antwort ist falsch!

Salvelinus fontinalis

Bachsaibling (Salvelinus fontinalis)

als Zierfisch eingeführt

Trifft zu

Falsch! Richtig ist: als Speisefisch eingeführt

Trifft nicht zu

Die Antwort ist richtig!

Nutria (Myocastor coypus)

Zur Pelzgewinnung eingeführt

Trifft zu

Diese Antwort ist richtig!

Trifft nicht zu

Die Antwort ist falsch!

Japanischer Staudenknöterich (Fallopia japonica)

Als Zier- und Kulturpflanze eingeführt

Trifft zu

Diese Antwort ist richtig!

Trifft nicht zu

Die Antwort ist falsch!

Blaubandgründling (Pseudorasbora parva)

Als Speisefisch eingeführt

Trifft zu

Falsch! Richtig ist: „blinder Passagier“:  bei der Einfühung von Graskarpfen

Trifft nicht zu

Die Antwort ist richtig!

Signalkrebs (Pacifastacus leniusculus)

bewusst eingeführt/ verbreitet um Populationsrückgang von Edelkrebs zu kompensieren

Trifft zu

Diese Antwort ist richtig!

Trifft nicht zu

Die Antwort ist falsch!

Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata)

zur Schädlingsbekämpfung eingeführt

Trifft zu

Falsch! Richtig ist: „blinder Passagier“: unabsichtlich mit der Kartoffel eingeschleppt

Trifft nicht zu

Die Antwort ist richtig!

Ctenopharyngodon idella

Graskarpfen (Ctenopharyngodon idella)

als Zierfisch eingeführt

Trifft zu

Falsch! Richtig ist: als Speisefisch eingeführt

Trifft nicht zu

Die Antwort ist richtig!

Cyprinus carpio

Karpfen  (Cyprinus carpio)

zur Schädlingsbekämpfung eingeführt

Trifft zu

Falsch! Richtig ist: als Speisefisch im Mittelalter eingeführt

Trifft nicht zu

Die Antwort ist richtig!

Egeria densa

Dichtblättrige Wasserpest (Egeria densa)

„blinder Passagier“ : im Ballastwasser und an Schiffsmotoren eingeschleppt

Trifft zu

Falsch! Richtig ist: als Zierpflanze eingeführt

Trifft nicht zu

Die Antwort ist richtig!

Eriocheir sinensis

Chinesische Wollhandkrabbe (Eriocheir sinensis)

bewusst als Speisekrebs eigeführt

Trifft zu

Falsch! Richtig ist: „blinder Passagier“: im Ballastwasser von Schiffen

Trifft nicht zu

Die Antwort ist richtig!

Helix pomatia

Weinbergschnecke (Helix pomatia)

in der Antike von den Römern als Speise eingeführt

Trifft zu

Diese Antwort ist richtig!

Trifft nicht zu

Die Antwort ist falsch!

Impatiens glandulifera

Drüsiges Springkraut (Impatiens glandulifera)

„blinder Passagier“: Samen an den Füßen von Zugvögeln angehaftet

Trifft zu

Falsch! Richtig ist: Als Zierpflanze eingeführt

Trifft nicht zu

Die Antwort ist richtig!

Neogobius melanostomus

Schwarzmundgrundel (Neogobius melanostomus)

„blinder Passagier“: im Ballastwasser von Schiffen eingeschleppt

Trifft zu

Diese Antwort ist richtig!

Trifft nicht zu

Die Antwort ist falsch!

Dikerogammarus villosus

Großer Höckerflohkrebs (Dikerogammarus villosus)

„blinder Passagier“: im Ballastwasser von Schiffen eingeschleppt

Trifft zu

Diese Antwort ist richtig!

Trifft nicht zu

Die Antwort ist falsch!

Oncorhynchus mykiss

Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss)

als Speisefisch eingeführt

Trifft zu

Diese Antwort ist richtig!

Trifft nicht zu

Die Antwort ist falsch!

Aix galericulata

Mandarinente (Aix galericulata)

Als Ziergeflügel eingeführt

Trifft zu

Diese Antwort ist richtig!

Trifft nicht zu

Die Antwort ist falsch!

Lepomis gibbosus

Sonnenbarsch (Lepomis gibbosus)

„blinder Passagier“: Eier an den Füßen von Zugvögeln angehaftet

Trifft zu

Falsch! Richtig ist: Als Zierfisch eingeführt

Trifft nicht zu

Die Antwort ist richtig!

Sehr gut, Sie haben mehr als zwei Drittel der Fragen richtig beantwortet.

Ganz gut, Sie haben mehr als ein Drittel der Fragen richtig beantwortet. Probieren Sie es doch gleich noch mal.

Das geht bestimmt besser. Sie haben weniger als ein Drittel der fragen richtig beantwortet. Versuchen Sie es doch gleich nochmal!

Frage x / y

Ausbreitungsgeschwindigkeiten wirbelloser invasiver Neozoa in europäischen Wasserstraßen (km/Jahr), jeweils 3-6 Messwerte

Art Ausbreitungs- geschwindigkeit (km/Jahr) Durchschnitt Ausbreitungs- geschwindigkeit (km/Jahr) Maximum
Körbchenmuschel (Corbicula fluminea)63276
Zebramuschel (Dreissena polymorpha)65199
Schlick-Röhrenkrebs (Chelicorophium curvispinum)44137
Großer Höckerflohkrebs (Dikerogammarus villosus)112461
Pontische Assel (Jaera sarsi)109185
  • Körbchenmuschel (Corbicula fluminea)
  • Ausbreitungsgeschwindigkeit (km/Jahr)
    ø 63
    max 276
  • Zebramuschel (Dreissena polymorpha)
  • Ausbreitungsgeschwindigkeit (km/Jahr)
    ø 65
    max 199
  • Schlick-Röhrenkrebs (Chelicorophium curvispinum)
  • Ausbreitungsgeschwindigkeit (km/Jahr)
    ø 44
    max 137
  • Großer Höckerflohkrebs (Dikerogammarus villosus)
  • Ausbreitungsgeschwindigkeit (km/Jahr)
    ø 112
    max 461
  • Pontische Assel (Jaera sarsi)
  • Ausbreitungsgeschwindigkeit (km/Jahr)
    ø 109
    max 185

Verändert nach: Leuven, R.S.E.W., van der Velde, G., Baijens, I. et al. Biol Invasions (2009) 11: 1989. https://doi.org/10.1007/s10530-009-9491-7

Neobiota erhöhen doch die Biodiversität … oder?

Nach der letzten Eiszeit war die Artengemeinschaft in den großen Flüssen Mitteleuropas stark verarmt. Im Vergleich mit z. B. der nordamerikanischen Fischfauna der nicht von Vereisung betroffenen Gebiete ist das auch immer noch der Fall. Viele Gewässer mussten erst wieder besiedelt werden, wobei Fische und die flugfähigen Insekten die ersten waren. Die weniger mobilen wirbellosen Tiere kamen erst später, weshalb der ursprüngliche Artenreichtum z. B. an Krebstieren nicht wieder erreicht wurde (Thienemann 1950).

THIENEMANN, A. (1950): Verbreitungsgeschichte der Süßwassertierwelt Europas. Die Binnengewässer 18, 809 S., Stuttgart.

Zusätzlich werden die meisten Fluss-Ökosysteme im dichtbesiedelten Europa durch den Menschen stark beeinflusst. Zu den Faktoren, die die Lebensbedingungen vieler aquatischer Organismen erschweren und die Biodiversität dadurch weiter verringern, gehören u. a.

  • Die Belastung durch Einträge von Pflanzennährstoffen (Dünger) und anderen Schadstoffen (z. B. aus dem Abwasser)
  • Die Erhöhung der Wassertemperatur durch Wärmekrafterzeugung oder das Einleiten von Kühlwasser
  • Die Verringerung der Gewässer- Durchgängigkeit durch Wasserkraftanlagen oder Schleusen
  • strukturelle Verarmung (Homogenisierung) der Gewässer und der darin befindlichen Lebensraumtypen eine durch den Ausbau für Schifffahrt und Hochwasserschutz.

Extremereignisse wie Jahrhunderthochwasser und Dürreperioden, wie z.B. die Hochwasser 2002 und 2013 oder die Rekordsommer 2003 und 2019 in der Elbe, oder Umweltkatastrophen, wie der Brand der Sandoz-Chemiewerke 1986 in Basel am Rhein, führen ebenfalls zu Einbrüchen der Biodiversität in Flüssen. Von solchen Belastungen müssen sich Fluss-Ökosysteme jahrelang erholen.

Die aquatische Biodiversität in Mitteleuropa ist vielerorts bereits beeinträchtigt oder gefährdet.

Viele invasive Neobiota sind besonders robust und dadurch in der Lage, gestörte Gewässersysteme oder extreme Lebensräume zu besiedeln. So könnte man argumentieren, dass die zahlreichen neu eingeführten Muscheln, Krebstiere usw. die Biodiversität bereichern. Tatsächlich führen einzelne dieser gebietsfremden Arten jedoch zu weiterem Verlust heimischer Arten, da viele invasive Neobiota konkurrenzstärker sind und somit u. a. notwendige Nahrungsressourcen rauben oder die noch vorhandenen Lebensräume besetzen können. Aufgrund der häufig sehr schnellen Vermehrung dieser invasiven Neobiota, kommen solche Arten häufig rasch in sehr hoher Zahl vor und drängen andere Arten bis zum Verschwinden im neubesiedelten Lebensraum zurück. Häufig stellen künstliche Strukturen, geschaffen durch die Umgestaltung der Gewässersohle und der Ufer zu Schifffahrts- und Hochwasserschutz-Zwecken, sogar ideale Lebensräume für die einwandernden Arten, während verdrängten und gefährdeten heimischen Arten die geeigneten Rückzugsräume fehlen.

Daten: Bundesanstalt für Gewässerkunde, Grafik: S. Worischka

Mehr Neobiota bedeuten also nicht mehr Biodiversität.

Doch nicht nur in Mitteleuropa gibt es invasive Neobiota. Wie hier wurden bzw. werden auf der ganzen Welt gebietsfremde Arten wissentlich sowie unwissentlich verschleppt und richten teilweise großen ökologischen wie ökonomischen Schaden an. Vor allem Inseln, die oftmals besonders viele endemische Arten aufweisen, werden durch die Etablierung invasiver Arten schwer getroffen, weshalb mancherorts sehr strenge Regelungen zur Verhinderung weiterer invasiver Arten getroffen werden (z. B. in Neuseeland).

Quiz #4

Welche dieser hier heimischen Arten gelten andernorts als invasive Neobiota?

Oncorhynchus mykiss

Bachforelle

(Salmo trutta fario)

invasiv in Australien,  Neuseeland, Nordamerika und Japan

Flussperlmuschel

(Margaritifera margaritifera)

nicht außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets (nördliche Teile Eurasiens und Nordamerikas) nachgewiesen, vom Aussterben bedrohte Art

Kaulbarsch

(Gymnocephalus cernuus)

invasiv in Nordamerika

Triturus vulgaris

Teichmolch

(Triturus vulgaris)

invasiv in Australien

Austropotamobius torrentium

Steinkrebs

(Austropotamobius torrentium)

nicht außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets (wenige Gebiete Europas, Balkanhalbinsel) nachgewiesen, bedrohte Art

Castor fiber

Biber

(Castor fiber)

nicht außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets (Teile von  Eurasien) nachgewiesen, bedrohte Art

Groppe/ Mühlkoppe

(Cottus gobio)

nicht außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets nachgewiesen, teilweise bedrohte Art

Oryctolagus cuniculus

Kaninchen

(Oryctolagus cuniculus)

invasiv in Australien und Neuseeland

Bachflohkrebs

(Gammarus pulex)

invasiv in Nordirland und auf der Isle of Man

Cyprinus carpio

Karpfen

(Cyprinus carpio)

invasiv in Australien, Neuseeland und Nordamerika

Krebsschere/ Wassersegen

(Stratiotes aloides)

invasiv in Kanada/ Nordamerika

Lutra lutra

Fischotter

(Lutra lutra)

nicht außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets (Eurasien und Nordafrika) nachgewiesen, lokal seltener werdend

Was tun?

Es ist praktisch unmöglich, invasive Neobiota wieder auszurotten, wenn sie sich einmal etabliert haben. Ein sinnvolles Management kann u. a. darin bestehen, Invasionen frühzeitig zu erkennen und, soweit möglich, einzuschränken, sowie Rückzugsräume für heimische Arten zu erhalten bzw. zu schaffen. Durch Renaturierungen und den Schutz naturnaher Flusssysteme bleiben die geeigneten Lebensräume heimischer Arten erhalten, wodurch invasive Neobiota sich weniger explosiv ausbreiten und ihre negative Auswirkungen eingeschränkt werden können. Hier ist eine grenzübergreifende Zusammenarbeit wichtig, da Flüsse und die darin lebenden Arten keine Grenzen kennen. Dafür müssen neue Strategien und Lösungsansätze geschaffen werden. Hierzu möchten wir mit dem Projekt MoBI-aqua etwas beitragen.

Aber es kann Jede/r mithelfen:

  • Keine gebietsfremden Arten in die Natur ausbringen: exotische Aquarien- und Gartenteichbewohner haben in heimischen Gewässern nichts zu suchen!
  • Verschleppung vermeiden: Nach dem Angeln Ausrüstung, Stiefel/Wathosen und Eimer säubern und trocknen, besonders bevor ein anderes Gewässer aufgesucht wird.
  • Boote vor dem Umsetzen auf ein anderes Gewässer gründlich reinigen (Rumpf, Schraube).
  • Invasive Arten erkennen und von heimischen unterscheiden lernen und Funde melden – zum Beispiel mit der MoBI-aqua App.
  • Manche Länder erlassen Entnahmegebote für invasive Neobiota entsprechend der EU-Verordnung. Jedoch geht im Zweifelsfall der Tierschutz bzw. das Fischereirecht vor.
  • gefangene oder gefundene Neobiota dürfen ohne Fischereischein und Erlaubnisschein nicht mitgenommen oder getötet werden. Ordnungsgemäß geangelte Grundeln usw. dürfen aber in die Suppe.
  • Nicht zuletzt kann jede/r Einzelne mithelfen, Lebensräume für die bedrohte Biodiversität zu erhalten und etwas gegen den Klimawandel zu tun.